Schluss mit dem Bashing

des Berner Stadtrats!

Um es vorweg zu nehmen: Ich kenne die Gründe, die zum Abbruch der Stadtratssitzung in Ostermundigen am letzten Donnerstagabend führten, nur aus der Presse. Aus meiner Sicht war es wohl eine Mischung aus miserabler Vorbereitung, persönlicher Unfähigkeit und Ueberforderung des Ratspräsidenten (mein Fazit aus der Zeitungslektüre).

Dem heutigen Artikel eines Tagi-Journalisten, der den Abbruch als symptomatisch für das Stadtparlament bezeichnet, muss ich aber vehement widersprechen. Da werden in schlechtester Journalistenmanier alle möglichen und belanglosen Vorfälle der letzten 20 Jahre aufgezählt, selbstverständlich nicht ohne Dutzende Seitenhiebe auf die RGM-Mehrheit, die dem betreffenden Herrn anscheinend ein ziemlicher Dorn im Auge ist.

Ja, wir haben tatsächlich mal 13 (nicht 15) Stunden über das Budget diskutiert und auch wenn es sich „nur“ um ein kommunales Budget handelt, ist dieses immerhin eine Milliardenkiste. Zudem hatte uns die SVP 170 Anträge beschert, über die wir selbstverständlich seriös diskutiert bzw abgestimmt haben. Dass die Mitglieder derselben Fraktion ab Mitternacht mit Abwesenheit geglänzt haben, ist nur eine Bemerkung am Rande. Ich finde es echt ein starkes Stück, sich darüber lustig zu machen, wenn man die Arbeit macht. Ich möchte ja nicht wissen, wie derselbe Journalist reagiert hätte, wenn wir die Anträge nicht diskutiert hätten. Ach ja, ab Mitternacht mussten die StimmenzählerInnen ran, weil die Abstimmungsanlage voll war. Dies geschieht natürlich nur in Bern – Ironie off.

Auch wenn ich diese nicht entschuldigen möchte ( ich habe diese miterlebt und mich grausam darüber geärgert) – aber Pöbeleien gibt’s wohl überall. Selbstverständlich blieb im Artikel die Tatsache, dass das Parlament sich die Sitzungsentschädigung erhöht hat, nicht unerwähnt. Es ist natürlich völlig unerhört, dass es Leute gibt, denen es stinkt, halb gratis zu arbeiten. Denn: Das Sitzungsgeld gibt es nur, wenn man an der Sitzung auch teilnimmt. Im Gegensatz zu anderen Parlamenten erhält man in der Stadt nicht noch zusätzlich eine Pauschale. Es geht bei der Diskussion um die Sitzungsgelder jeweils vergessen, dass beispielsweise die Fraktionssitzungen sowie die Vorbereitung der Geschäfte nicht vergütet werden. Wegen des Geldes lässt sich niemand ins Parlament wählen, denn eigentlich ist dies finanziell gesehen ein Minusgeschäft. Aber macht nichts, schüren wir doch noch ein bisschen den Neid, obwohl ich überzeugt bin, dass Dreiviertel der Online-KommentatorInnen für das bisschen Geld nicht den Aufwand eines Parlamentariers betreiben würden, wetten?

Also liebe Leute, wenn ihr es besser könnt: Nächstes Jahr sind in der Stadt wieder Wahlen. Ihr dürft gerne kandidieren – viel Spass!

NB: Ich finde es eine nette Geste vom Stadtratspräsidenten, sein Sitzungsgeld zu spenden, die Parlamentarierinnen dürfen es ihm gleich tun. Und ich weiss auch schon, welche Fraktion garantiert nicht mitmachen wird. Kleiner Tipp: Die Partei gleicht einem faulen Apfel.

Ach ja, fast hätte ich es vergessen zu erwähnen: Der erwähnte Tagi-Journalist wurde von einem Mitglied eben dieses Parlamentes vor Gericht gezerrt (wenn man schon dabei ist, alte Geschichten aufzuwärmen). Honi soit qui mal y pense