Legislatur 2009 – 2012: Halbzeitbilanz

Diese Halbzeitbilanz widerspiegelt einzig und allein meine persönliche Meinung.

Nach 10 Jahren im Stadtrat muss ich konstatieren, dass die vergangenen zwei Jahre zu den bisher mühsamsten gehören. Îch habe kein Problem damit, dass die SP nun ab und zu eine Abstimmung im Stadtrat verliert, was die Volksabstimmungen betrifft gehörte sie, mit Ausnahme der Bahnhofplatzinitiative, zu den Gewinnerinnen, was doch einiges über die Verankerung der Partei in der Bevölkerung aussagt.

Die neuen Parteien haben eine andere Dynamik in den Rat gebracht, aber ob diese Dynamik dem Rat wirklich gut tut, wage ich zu bezweifeln. Das einzige Programm der BDP ist es, nicht SVP zu sein, inhaltlich hat die BDP dem Stadtrat überhaupt nichts gebracht. Die Fraktion fiel bis jetzt vor allem durch die Kapriolen ihrer Mitglieder auf – von Verurteilungen durch die Militärjustiz über klammheimliche Rücktritte bis hin zur Tatsache, dass es die Fraktion fast ein halbes Jahr nicht geschafft hat, einen vakanten Sitz wieder neu zu besetzen. Da der nächste Rücktritt aus der Fraktion absehbar ist, würde man der BDP raten, schon jetzt mit der Nachnomination zu beginnen, damit anfangs 2012 alle Sitze wieder besetzt sind. Aber das kommt halt davon, wenn man Krethi und Plethi für die Wahlen nominiert, nur, damit die Liste voll ist.

Bei der CVP fällt mir als erstes Stichwort „the Adams Family“ ein…..man weiss nicht so recht, was von den Vorstössen und Voten der Parteimitglieder im Rat zu halten ist, ich habe begonnen, diese unter der Rubrik „Realsatire“ abzuhaken.

Die SVP plus ist vor allem mit sich selber beschäftigt…..mit dem neuen Fraktionschef hat sich vielleicht der Ton geändert, aber sicher nicht das intellektuelle Niveau. Wenn ein AHV-Rocker und Nicht-Politiker (Jimy Hofer) das auffälligste Mitglied einer Fraktion ist, würde ich mir als Fraktionschef Gedanken machen. Ueberhaupt Jimy Hofer: Ausgerechnet er, der als Nicht-Politiker Wahlkampf gemacht hat, verlangt Privilegien für die Stadtratsmitglieder…..ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Beispielsweise möchte er ein Gratis-Libero sowie Gratiseintritt in die Museen. Erstaunlicherweise hat er kein Gratis-Benzin verlangt…..Hirn kann man leider nicht abgeben.

Die GLP ist ungefähr mit gleich grossem Getöse wie die BDP in den Rat eingezogen. Mich würde interessieren, worin denn nun genau die neue Politik mit neuen Inhalten besteht, die von der Partei angekündigt wurden. Ich habe es leider immer noch nicht herausgefunden.

Den grössten Rohrkrepierer hat die „neue Mitte“ wie sie von der Presse bezeichnet wird, mit dem Nacht- und Nebel-Aktion zum Pensionsalter der städtischen Beamtinnen und Beamten produziert. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass gewisse Leute den städtischen BeamtInnen das frühere Pensionsalter schlicht nicht gönnen mag…..Vielleicht hätte man der Co-Fraktionschefin der CVP/BDP-Fraktion klar machen müssen, dass das offizielle Rentenalter zwar 65 ist, ea aber den einzelnen Arbeitgebern unbenommen ist, für ihre Angestellten Sonderregeln aufzustellen, die Stadt Bern ist hier nicht die einzige Arbeitgeberin….aber das würde ja heissen, dass man zuerst recherchieren müsste…was natürlich viel zu viel Aufwand bedeutet. Ich nehme an, dass sich die städtischen Angestellten den Warnschuss zu Herzen genommen haben, es war auf jeden Fall die beste Anti-Propaganda, welche die Bürgerlichen für sich machen konnten.

Die GFL irrlichtert im Rat umher wie ein in einem Labyrinth verloren gegangener Wanderer. Der Fraktionschef hat es sich offenbar zum Ziel gemacht, während seinen letzten vier Jahren im Stadtrat soviel Geschirr wie möglich zu zerschlagen – er ist auf sehr gutem Weg. Das letzte bisschen an Profil, das die GFL noch vor den Wahlen gezeigt hat, ist definitiv perdu gegangen. Ihr geht es ein bisschen ähnlich wie der BDP – während sich diese von der SVP abgrenzen will, schiesst die GFL vor allem auf die SP. Wenn dies das einzige Programm ist……

Und die FDP???? Ach ja, stimmt, die FDP gibt es ja auch(noch). Die ehemals staatstragende Partei ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, in der Stadt Bern ist sie vor allem im Seitenwagen der SVP anzutreffen, irgendwie empfindet man ab des kümmerlichem Häufleins nur noch Mitleid….

Selbst die Presse, die vor zwei Jahren die „neue Mehrheit in der Mitte“ enthusiastisch gefeiert hat (obwohl die Mehrheit nie eine war) ist in der Zwischenzeit in der Realität angekommen. Verändern kann man nur etwas, wenn man a) entweder in der Mehrheit ist oder b) willens ist, über Fraktions- und/oder Links-Rechts-Schematas hinweg Koalitionen zu schmieden, dies ist aber bis anhin weder der BDP noch der GLP eingefallen……mit dem bekannten Resultat – es hat sich nichts verändert.

Der Stadtrat verkommt unter diesen Vorzeichen je länger je mehr zum Komödiantenstadl, dass kaum einer mehr diesen Rat ernst nimmt, wundert deshalb nicht. Das Kabarett aus Anlass der Wahl von Vania Kohli zur neuen Stadtratspräsidentin lässt für das neue Jahr nichts Gutes ahnen. Eine Diskussion von dreiviertel Stunden sowie eine geheime Wahl für eine Formsache…wenn das im gleichen Stil weitergeht……