Endlich wieder Meer

Unter normalen Umständen wären dies wohl meine zweiten oder dritten Ferien dieses Jahr, aber was ist 2020 schon normal?

Und ich wäre jetzt nicht in Frankreich, sondern auf einem kleinen Italienreisli, meiner üblichen Flucht vor dem 1. August. Aber eben, unter den gegebenen Umständen gibt’s dieses Jahr wohl keine Italienferien.

Mein Ferienziel wählte ich nach folgenden Kriterien aus: Sonne, Meer, keine Flugreise und im schlimmsten Falle so schnell wie möglich zurück in der Schweiz sein. Nach diesen Kriterien kam fast nur Frankreich in Frage – Südfrankreich ist von Genf in etwas mehr als drei Stunden mit dem Zug erreichbar.

Da ich nicht Auto fahre, musste es eine Stadt am Meer sein und da fiel mir die Wahl sehr leicht. Marseille kenne ich von einem früheren Aufenthalt. Eigentlich wollte ich noch ein bisschen Sightseeing machen, mir Nizza und Toulon anschauen, aber es ist schlicht zu heiss dafür. Ich weiss, warum ich im Juli/ August nicht in den Süden fahre, aber wie gesagt, dieses Jahr ist alles anders.

Marseille hat nicht nur einen, sondern mindestens ein Dutzend Strände. Diese sind mit dem OeV ( Metro, Bus, Boot) sehr gut zu erreichen. Die Infrastruktur ist einfach, aber ausreichend und jeder Strand hat eine Badeaufsicht, einen Erste-Hilfe-Posten sowie gratis Schliessfächer. Es gibt überall die Möglichkeit, einen Sonnenschirm zu mieten, man muss einfach etwas herumfragen. Als Depot wird meistens ein Ausweis verlangt, aber ich habe immer Geld hinterlegt, die Höhe des Betrags ist Verhandlungssache 🙂

Die Stadt hat einen sehr guten OeV: Metro ( 2 Linien) ein Tram (2 Linien) sowie ein gutes Busnetz. Allerdings ist die Kernstadt relativ klein, man kann alles gut zu Fuss machen.

Ich habe ein kleines Airbnb im Quartier Noailles, das als Quartier populaire gilt. Die Häuser sind alle wunderschön, aber leider in einem recht schlechten Zustand. Das Coole am Quartier sind die vielen kleinen Läden, Restaurants und Take aways….und absolut grandios ist die Nähe zum Cours Julien, dem meiner Meinung nach wohl hippsten Platz Europas…….der Platz ist gesäumt von Restaurants und Bars, es hat einen Kinderspielplatz und in der Mitte ein Wasserbecken. Es stehen Tische zur Verfügung, an denen man zwanglos picknicken kann. Manchmal kommt man in den Genuss eines spontanen Konzerts….die Atmosphäre ist schlicht fantastisch.

Im unteren Teil des Quartiers befindet sich das Einkaufsviertel mit den teureren Boutiquen oder: je näher zum Hafen umso teurer und exklusiver wird es. Noch ein Wort zum Vieux Port: sicher ein sehr schöner Ort, aber liebe Leute, wenn ihr Marseille wirklich kennenlernen wollt, stürzt euch ins Getümmel. Das Gleiche gilt fürs Panier: ein netter Ort aber leider zu Tode saniert und gentrifiziert. Hier sind die Touristen unter sich – mit den üblichen 08/15-Läden, die sich an die Touristen wenden.

In Marseille trifft sich (fast) die ganze Welt – dieser Mix trägt zu einer unnachahmlichen entspannten und „ je ne sais quoi „Atmosphäre bei. Man kommt sehr schnell mit den Leuten ins Gespräch , sie sind offen, herzlich und hilfsbereit, ein Riesenunterschied zu Paris.

Noch etwas zum Thema Sicherheit: Es ist möglich, dass die Stadt vor einigen Jahrzehnten ein rauhes Pflaster war, aber ich habe mich nie eine einzige Sekunde unsicher oder bedroht gefühlt. Marseille ist keine reiche Stadt, die Armut ist sehr sichtbar.

Aber ich liebe Marseille und seinen Charme abime und ich werde sicher wiederkommen!

Noch ein Wort zur Maskenpflicht: In den Geschäften wird peinlich genau darauf geachtet, dass die Leute ihre Masken tragen. Bei den grossen Geschäften gibt’s eine Eingangskontrolle, einige Sicherheitsleute sprühen zusätzlich Desinfektionsmittel auf die Hände. Im OeV ist die Durchsetzung schon schwieriger: in der Metro und im Tram gibt’s keine Billettkontrollen und damit auch keine Kontrolle der Maskenpflicht, es sind leider immer dieselben Idioten, die sich darum keinen Deut scheren. Bei den grossen Bushaltestellen wird das Tragen der Maske kontrolliert und in den Wagen sollte jeder zweite Sitz frei bleiben, aber Lesen ist anscheinend nicht jedermanns Sache, leider.