Budget 2009 unter Dach und Fach

Die diesjährige Budgetdebatte artete zu einer wahren Monsterdiskussion aus: Ganze 10 (!) Stunden debattierte der Stadtrat über die insgesamt 177 Anträge, von denen ca. 170 auf das Konto der SVP/JSVP gingen. Daneben wurden so wichtige Dinge wie die Verkürzung der Redezeit verhandelt: Insgesamt 10 Minuten benötigte Philippe Müller, der Co-Fraktionschef der FDP, um uns in einem juristischen Exkurs darüber zu belehren, aus welchem Grund der Antrag der Fraktion GB/JA nicht regelkonform sei. In dieser Zeit hätte man gut und gerne mindestens 3 Anträge abhaken können.

Wieder mal selbst übertroffen haben sich die SVP/JSVP und mit ihr der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Erich Hess. Seine Auftritte sind wirklich bühnenreif und ich überlege mir ernsthaft, ihn für den diesjährigen Kleinkunstpreis zu nominieren. Die (wenigen) ZuschauerInnen auf der Tribüne und die ChefbeamtInnen konnten sich an diesen zwei Donnerstagabenden glatt den Eintritt in das Theater ihrer Wahl sparen.

Die Anträge der SVP/JSVP waren nicht wirklich originell: Wahrscheinlich ändert die Fraktion jedes Jahr einfach das Datum unter ihren Anträgen, auch solche Evergreens wie die Abschaffung der Fachstelle für Frauen und Männer kommen immer wieder. Hier äusserte sich sogar ein Fraktionsmitglied gegen diesen Antrag: Da diese Fachstelle in der Gemeindeordnung verankert ist, kann sie nicht einfach aus dem Budget gestrichen werden, aber solche Petitessen sind der SVP/JSVP nun wirklich egal.

Nicht erstaunlich ist, dass der grösste Kahlschlag der BSS drohte: Diese hätte nicht weniger als 97 Millionen Franken, also etwa einen Viertel ihres Budgets streichen müssen, wären die Anträge der SVP/JSVP angenommen worden.

Den grössten finanzpolitischen Leckerbissen bot aber die CVP mit folgendem Antrag:

136. S. 431; Stadtgärtnerei/Friedhöfe (520-521)
Antrag Beuchat CVP Änderung Steuerungsvorgabe
2) Geranienkistli inkl. Brunnen -gelieferte Laufmeter; SOLL 800 [statt 200]
P 520310 Bern in Blumen

Nun wissen wir also, wie die Probleme von Bern gelöst werden können: Mehr Geranienkistli fürs Volk!

Aus welchem Grund die Bürgerlichen aber gegen abends um 22.30 Uhr plötzlich nicht mehr abstimmen wollten, ist immer noch nicht geklärt. Grundsätzlich gilt, dass solange weiterverhandelt wird, wie der Rat beschlussfähig ist und das ist er auch, wenn die Bürgerlichen nicht mehr abstimmen oder, wie letztes Jahr, aus dem Saal laufen. Irgendwie scheint man die Spielregeln der Demokratie aber nicht so ganz begriffen zu haben, denn Henri-Charles Beuchat (oder auch Geranienkistli-Beuchat) heulte am Mikrofon irgendetwas von undemokratischen Verhaltens der Mehrheit. Wenn der Stadtrat das Budget am 18. September nicht hätte durchberaten können, wäre es erst nächstes Jahr zu einer Volksabstimmung über das Budget gekommen und die Stadt wäre am 1.1.09 ohne Budget dagestanden. Sorry, liebe CVP, SVP, FDP, EDU, SD und ARP: aber unter einer verantwortungsvollen Politik verstehe ich etwas anderes!!!